Würdest du dich für meine Leserinnen kurz vorstellen?
Ich bin Eleanor Sommer, Illustratorin aus St. Pauli, ich bin verheiratet und habe einen Sohn, Max, er ist 5 Jahre alt.
Ich illustriere zur Zeit hauptsächlich Bilderbücher, das ist eine Herzensentscheidung.
Zuvor habe ich viel sogenannte Beschäftigungsprodukte illustriert, also Rätselblöcke für Vorschulkinder, wiederbemalbare Kritzelkarten für den Urlaub, Karten mit Ideen für Wartezeiten oder mit Rezepten. Das hat auch Spaß gemacht, aber ich habe dann bewusst entschieden, mich wieder dem Bilderbuch zu widmen. Ich arbeite noch 3-5 Tage im Monat als freie Grafikerin bei der „Tagesschau“, da kommt ein gewisses planbares Einkommen her z.B. für die Miete. Es ist zum Glück so frei einteilbar, dass ich dort aussetzen kann, wenn ich an einem aufwändigen Projekt arbeite. Außerdem bin ich Teil der Illustratorengruppe „Die Krickelkrakels“, wir haben schon sehr viele Weitermalbücher, die „Krickel-Krakel-Bücher“ zusammen illustriert. Wir haben sogar ein eigenes Merchandising mit Stiften, Linealen, Radiergummies, Stempeln, Spielen und vielem mehr.
Eleanor, du arbeitest als freie Illustratorin und hast gerade das zauberhafte Buch „Hotel Winterschlaf“ illustriert. Du hast aber auch schon viele andere Projekte umgesetzt. Was liegt dir an deinen Illustrationen besonders am Herzen?
Das es mit Herz gemacht ist. Ich versuche einen Moment beim Zeichnen zu erreichen, wo ich nicht mehr denke, sondern quasi das Gefühl direkt durch den Stift in die Zeichnung umgesetzt wird. Meistens ist es dann eine gute Zeichnung. Es ist aber natürlich nicht immer möglich, soviel Ruhe zu haben, manchmal muss man auch einfach arbeiten, auch wenn die Lust nicht so groß ist. Das geht auch.
Bei „Hotel Winterschlaf“ stand am Anfang eine Idee: Ich wollte seit Jahren eine Geschichte mit schlafenden Tieren zeichnen und da die Geschichte winterlich sein sollte, kam mir die Idee vom Winterschlaf-Hotel. Da ich aber nicht gut Geschichten schreiben kann, habe ich einen sehr groben Plot entwickelt aus dem der Autor Thomas Krüger wunderbare Reime gezaubert hat und noch ganz viele schöne Ideen hinzugefügt hat. Verkuppelt hat uns die Lektorin Imke Sörensen, die den Pixi-Advendtskalender bei Carlsen betreut. Es sollte nämlich ursprünglich ein Pixibuch für den Kalender werden. Als der Programmleiter Frank Kühne das Buch vorgestellt bekam, hat er gesagt, dass er gern ein „richtiges“ Bilderbuch daraus machen möchte und so passierte es auch. Und es läuft total gut, das Buch ist bereits in der 2. Auflage.
Am Anfang steht man als Illustratorin bestimmt erst einmal vor der Herausforderung bekannt zu werden und sich einen Namen zu machen. Kunden auf diesem Gebiet zu gewinnen und immer wieder aufs Neue von sich zu überzeugen ist bestimmt nicht ganz einfach. Welche Stolpersteine gab es auf deinem Weg und wie konntest du sie aus dem Weg räumen?
Ein Professor sagte einmal, dass es in der Bilderbuchillustration das Wichtigste ist, auf die Buchmessen zu fahren. Damit ist die Frankfurter Buchmesse gemeint, die Kinderbuchmesse in Bologna und auch die Leipziger Buchmesse.
Ich kann das wirklich bestätigen. Der persönliche Kontakt zu den Lektor*innen und Verleger*innen ist viel wichtiger als man denkt. Auch nach Jahren in denen man schon Kontakt hat und eigentlich alles am Telefon oder per Mail regeln könnte. Außerdem ist es schön, die ganzen Kollegen dort zu treffen, man sieht sich ja gar nicht mehr so oft wie noch im Studium.
Ich hatte es am Anfang nicht so leicht, da mein Stil von den deutschen Verlegern eher als zu künstlerisch und sperrig eingestuft wurde, noch dazu interessierten mich eher alltagsferne Themen wie Mythologie, Märchen, Fabelwesen etc. . Ich habe sehr oft gehört, dass ich zu wenig angewandt arbeiten würde. Und dass der Stil eher in Frankreich oder Italien passen würde. Bei dem sehr schönen italienischen Verlag „Topipittori“ habe ich dann auch mein erstes Bilderbuch veröffentlicht. Das war gleichzeitig auch mein Diplom an der Hochschule für angewandte Wissenschaften. Der Kontakt kam über einen Illustrationswettbewerb zustande, der Verleger hatte meine Illustrationen in der Bologna Illustrators Exhibition gesehen. Danach folgte eine Zeit in der meine Arbeit zwar viel Anerkennung in Wettbewerben, Katalogen und Ausstellungen fand, aber auf dem deutschen Bilderbuchmarkt bekam ich kein Bein auf den Boden. Ich war irgendwann an einem Punkt wo ich dachte, wenn sich jetzt nichts tut, muss ich mir eventuell überlegen, ob ich ganz falsch in der Branche bin.
Ich plante, noch einmal auf die Messe zu fahren und „wollte es wissen“ so nach Art „jetzt oder nie“. Ich habe dann auf der Frankfurter Buchmesse die wunderbare Kathrin Jacobsen von der Büchergilde Gutenberg getroffen und sie gab mir eine Superchance. Sie sagte, ich könne mir ja mal Gedanken zu einem illustrierten Ratespiel mit Fabeln machen. Diese Chance habe ich genutzt und mir Fragen zu Fabeln nach Multiple-Choice-Prinzip auf 80 Karten ausgedacht. Die Rückseite war immer illustriert. Das war ein sehr schönes Projekt und der Beginn einer längeren Zusammenarbeit mit der Büchergilde. Dem Fabelspiel folgten noch zwei weitere Ratespiele über griechische Mythologie und die römischen Kaiser, sowie „die Bücherläuse“, eine Zeitschrift nur für das Kinderbuchprogramm der Büchergilde, später hatten „die Bücherläuse“ eine Rätselseite im Mitgliedermagazin.
Es ist so wie überall: Je mehr man gemacht hat, desto mehr ergibt sich auch. Am Anfang braucht man einige Referenzen und wenn man die hat, läuft es besser. Je mehr ich in Deutschland veröffentlichte, desto mehr bekam ich angeboten.
Du bist selbst Mama. Wie schaffst du es Familie und deine Selbstständigkeit unter einen Hut zu bekommen? Ganz provokant gefragt: Ist das überhaupt möglich?
Jein. Das Fabelspiel, von dem ich eben sprach, ist so ein Beispiel für einen Arbeitsstil, der mit Kind und Familie gar nicht mehr geht: Das Spiel musste unter irrem Zeitdruck in nur 2,5 Monaten fertig werden, weil alle davon so begeistert waren, dass es gleich im nächsten Programm erscheinen sollte. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass ich auch hätte sagen können, dass ich das zu knapp finde. So habe ich mich die 2,5 Monate zuhause eingeschlossen und durchgearbeitet. Das war sehr intensiv, es hat aber auch Spaß gemacht, sich so einem Projekt zu verschreiben, aber es ist natürlich sehr kräftezehrend.
So kann ich jetzt nicht mehr arbeiten. Ich habe einen sehr geregelten Arbeitstag, meist bringe ich gegen 9 Uhr Max in den Kindergarten und arbeite dann im Gemeinschaftsatelier entweder bis ca. 16 Uhr an den Tagen, an denen ich ihn abhole oder bis 18 Uhr an den Tagen, an denen mein Mann ihn abholt. Mittwochs kommt der Opa und manchmal ist Max auch bei Freunden zu Besuch. Ich denke, das geht allen Familien gleich: Man muss plötzlich den Alltag sehr genau zu organisieren. Ohne Organisation geht es nicht. Abends arbeite ich nicht mehr, das ist mir zu viel. Manchmal, wenn etwas fertig werden muss arbeite ich auch am Wochenende, mein Mann hält mir dann den Rücken frei.
Also, um die Frage zu beantworten: Es ist möglich, die Selbstständigkeit und die Familie unter einen Hut zu bekommen, aber nur mit viel Organisation und dem manchmal schlechten Gewissen, entweder zu wenig Zeit mit seinem Kind und der Familie zu verbringen oder bei dem Projekt nur so eben genug gegeben zu haben.
Was sind deine Ruheinseln, um einmal vom Familien- und Arbeitsalltag abzuschalten? Hast du einen Mama-Geheimtipp?
Oh, ich bin leider ganz schlecht darin, mir Ruheinseln zu schaffen. Ich fange immer wieder Yoga oder Pilates an, aber sobald der nächste Stress kommt, denke ich, dafür habe ich keine Zeit und gehe nicht mehr hin... .
Ich nehme mir auch viel zu wenig Zeit, um schöne Ausstellungen anzusehen. Ich müsste mir diese Zeit wirklich ganz bewusst nehmen und das fällt mir schwer.
Das einzige was ich bewusst tue, ist abends Feierabend zu machen.
Und noch eine abschließende Frage: Welchen Wunsch hast du für die Zukunft?
Dass ich es schaffe, mir Ruheinseln zu schaffen! Aber eigentlich freue ich mich, dass es mir immer wieder gelingt, meine Lebensumstände daraufhin zu überprüfen, ob ich glücklich bin und sie gegebenenfalls zu verändern.
Ich wünsche mir, ein bisschen entspannter durchs Leben zu gehen.
Liebe Eleanor, vielen, vielen Dank für das Interview und deine offenen Worte!
Es ist ganz wunderbar, dass ich eines deiner Bücher "Hotel Winterschlaf" verlosen darf. Bei Instagram und auf Facebook könnt ihr an der Verlosung teilnehmen! Viel, viel Glück!
Alles zu Eleanor erfahrt ihr auf der Website
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